Aufbau eines alternativen Gesundheitssystems
Seit das Baath/Assadregime 2012 aus dem Nordosten Syriens vertrieben werden konnte, baut die Bevölkerung eine basisdemokratische Selbstverwaltung auf. Der Anspruch und die Praxis dieses Aufbauprozesses bezieht alle gesellschaftlichen Gruppen mit ein und ist damit ein Akt der Selbstermächtigung gegen patriarchale, kolonialistische und staatliche Unterdrückung.
Alle Bereiche und Aspekte des gesellschaftlichen Lebens werden von diesem Prozess erfasst. Es werden große Fortschritte in der Organisierung der Gesellschaft gemacht, so wurden Räte und Kommunen aufgebaut und Frauen organisieren sich zudem in allen Bereichen autonom. Alle gesellschaftliche Gruppen können ihre Bedürfnisse artikulieren und nehmen an der basisdemokratischen Entscheidungsfindung teil. Hinzu kommen kommunale Kooperativenprojekte als Teil einer solidarischen Ökonomie um eine materielle Verbesserung der Lebenssituation für die Bevölkerung zuschaffen.
Diese Realität verschwindet im medialen Diskurs zu Syrien hinter den geopolitischen Interessen der kolonialistischen Großmächte und einer Bilderflut des Elends. Ein nicht enden wollender Krieg, ein Regime, das die eigene Bevölkerung bombardiert, Islamisten, die Köpfe abschlagen und ein türkischer Despot, der nicht müde wird, demokratischen Kräften insbesondere den Kurd*innen mit noch mehr Krieg und Besatzung zu drohen. Wenn die dem entgegenstehenden Kräfte der Selbstverwaltung aus Nord- und Ostsyrien in diesem Diskurs überhaupt vorkommen, dann als militärische Kraft.
Die Selbstverteidigungseinheiten der Syrian Democratic Forces (SDF) haben aber nicht nur den Islamischen Staat besiegt. Sie sind vielmehr die Verteidigungskraft des revolutionären Aufbaus der demokratischen Selbstverwaltung. Ihre Rückrad ist die voranschreitende gesellschaftliche Organisierung.
Im gesellschaftlichen Aufbau ist die Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Anfang an wesentlicher Fokus. Mit unserem Projekt möchten wir diese unterstützen. Hierfür arbeiten wir neben der Stiftung auch mit den Gesundheitskommissionen der kommunalen Selbstverwaltung zusammen. Ihr Ziel ist es zum einen die Qualität der Gesundheitsversorgung, zum anderen ihre Zugänglichkeit für alle, zu gewährleisten. Vor der Revolution gab es z.B. keine Universitäten in diesem Teil Syriens und damit auch keine Möglichkeit zur Ausbildung von Ärzt_innen und noch heute sind komplizierte medizinische Behandlungen wie z.B. Chemotherapien nur in Damaskus und anderen Großstädten im westlichen, vom Regime kontrollierten Teil, Syriens möglich. Außerdem war das Gesundheitssystem, wie überall sonst auch, von den gesellschaftlichen Realitäten geprägt. Es war also zentralistisch, patriarchal und kapitalistisch strukturiert.
Themenfelder, die derzeit für die Umgestaltung diskutiert werden sind: Abhängigkeit von der internationalen Medikamentenindustrie und ihren Handelswegen, zentralisiertes Wissen bei einigen wenigen, sowie Gesundheit als Ware. Lösungsansätze wie flächendeckende lokale Gesundheitsversorgung, Förderung von breiter gesundheitlicher Bildung als Prävention vor möglichen Krankheiten und die Entwicklung alternativer Medizin und Behandlungsmethoden gehen einher mit einer gesellschaftlichen Diskussion um eine gesunde Lebensweise.
Da die Gesundheitsversorgung großteils in privater Hand war und die Selbstverwaltung nur schrittweise kostenlose Versorgung aufbauen kann, können sich viele Familien den Arztbesuch nicht leisten. Wir werden mit dem Bau des Gesundheitszentrums einen lokalen kostenfreien Zugang zu Gesundheitsversorgung für Frauen und Kinder ermöglichen. Zudem bringt das Gesundheitszentrum als Frauen-Kooperative Ausbildungsmöglichkeiten und Arbeitsplätze. WJAR – Die Stiftung der freien Frau trägt damit dazu bei die männliche Dominanz und das Wissensmonopol im Gesundheitssystem zu durchbrechen. Gleichzeitig schaffen sich Frauen einen Zugang zu materiellen Ressourcen und wandeln aktiv die Rollenverteilung in der Gesellschaft.
Spendenkonto
Kurdistan Hilfe e.V.
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Stichwort: construction