Warum Rojava?

ROJAVA – Die Demokratische Föderation Nord und Ost Syrien

Im Sommer 2012 gelang es der überwiegend kurdischen Bevölkerung von Nordsyrien am Rande des syrischen Bürgerkrieges eine regionale Selbstverwaltung auszurufen: Rojava. Seitdem wird in dort ein Gesellschaftsmodell entwickelt, dass sowohl für den mittleren Osten ein Vorbild sein kann, als auch weltweit neue Hoffnung und Perspektiven entstehen lässt.

Obwohl Rojava immer wieder schweren Angriffen ausgesetzt ist, konnte dieses Gesellschaftsmodell verteidigt und ausgebaut werden. Schon 2016 wurde die Demokratische Föderation Nordsyrien ¹ ausgerufen. Die kurdische Bezeichnung Rojava (der Westen) reichte nicht mehr aus um der multiethischen, föderalen Idee gerecht zu werden. Schließlich beteiligen sich die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen auf mittlerweile ca. 1/3 des syrischen Staatgebiets, u.a. großen Gebieten, die von Daesh/IS befreit werden konnten.

Seit März 2018 ist der Kanton Efrin von der Türkei und Djihadistischen Milizien besetzt, seit Oktober 2019 wurde auch das Gebiet zwischen Gire Spi / Tall Abyad und Serekaniye / Ras al-Ain angegriffen. Der Krieg hält an und Hunderttausende mussten fliehen. Doch der Widerstand ist ungebrochen!

 


Stand 11.12.2019 – aktuelle Karte: syriancivilwarmap.com

  • DFNOS= Demokratische Föderation Nord und Ost Syrien / Rojava
  • TBZ = Türkische Besatzungs Zone – Gebiete, die die Türkei mit Hilfe von Djihadistischen Milizen  besetzt – Efrin, Azaz, Dscharabulus, Al Bab, Serekaniye / Ras al-Ain, Gire Spi / Tall Abyad
  • KRG = Kurdistan Regional Government / KDP und z.T. lokal PUK regiertes kurdisches Autonomiegebiet Südkurdistan / Nordirak / Kontrollgebiet der Peschmerga / Başur
  • Assad-Regime = Kräfte des Assad-Regimes und seine Verbündeten Russland, Iran u.a. sind auch in den orangen Gebieten präsent
  • Irak = Irakische Zentralregierung und mit ihr verbündete Schiitische Milizen
  • Nordkurdistan/Türkei = Nordkurdistan / Türkisches Staatsgebiet / Südosttürkei / Bakur

Im Zentrum der Gesellschaft der Demokratische Föderation Nordsyrien/ Rojava steht eine basisdemokratische Selbstverwaltung, die auf dem Konzept des Demokratischen Konföderalismus aufbaut, welches auf die Theorien von Abdullah Öcalan zurückgeht. Die expliziten Grundlagen dieser Selbstverwaltung von unten sind die freie Entfaltung und Gleichberechtigung aller Individuen und Bevölkerungsgruppen, die Befreiung und Gleichstellung der Frauen², ökologische Nachhaltigkeit und der Aufbau kollektiver, solidarischer Strukturen.

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Jedes Viertel verfügt über einen eigenen Rat, in dem Nachbar*innen zusammenkommen und darüber diskutieren, wie sie ihr Zusammenleben gestalten wollen. Aus jeder Versammlung gibt es Verantwortliche, die die getroffenen Entscheidungen in die Versammlung der nächst höheren Ebene tragen – dem Stadtteil, der Stadt, usw. In allen Entscheidungsgremien sind Delegierte aller religiösen, sprachlichen und ethnischen Bevölkerungsgruppen sowie Männer und Frauen in gleicher Anzahl vertreten. Den Rahmen bildet ein sog. Gesellschaftsvertrag, der gemeinschaftlich diskutiert und verabschiedet wurde und in dem weitreichende individuelle und kollektive Rechte für alle Bewohner*innen festgeschrieben sind.
Durch diese Organisierung werden alle Menschen in der Region zur aktiven Teilhabe eingeladen. Die Menschen können nach Wunsch und Bedürfnis auf sozialer oder politischer Ebene Einfluss nehmen.

Frauen*bewegung

Die organisierten Frauen in der Demokratische Föderation Nordsyrien/ Rojava kämpfen seit Jahren für ihre Rechte und gegen die patriarchalen Strukturen in der Region. Viele kämpfen in bewaffneten Einheiten der YPJ zusammen mit den Männereinheiten der YPG gegen Daesh, den sog. “Islamischen Staat”. Sie kämpfen um ihre Lebensweisen sowie für die Idee einer befreiten Gesellschaft nach dem Modell des Demokratischen Konföderalismus. Sie führen ihren größten Kampf aber nicht mit der Waffe in der Hand.

frauen

Die Selbstorganisation und das Erheben der Stimme gegen Ungleichbehandlung durch Männer und Institutionen ist alltäglicher Kampf der Frauen*. Sie haben ihre eigene Sicherheitskräfte, die Asayîş Jin. Der Aufbau von „Frauenakademien“ zur politischen und sozialen Auseinandersetzung sowie gegenseitiger Bildung ist ein Grundstein ihrer Organisierung. Frauen* in de Demokratische Föderation Nordsyrien/ Rojava organisieren sich in Kollektiven um gemeinsames Produzieren und Wirtschaften auf solidarischer Grundlage zu betreiben.

Frauen organisieren sich innerhalb der Rätestrukturen der Demokratische Föderation Nordsyrien/ Rojava in unabhängigen Frauenräten und üben hiermit direkten Einfluss auf die Entscheidungen der kommunalen sowie regionalen Verwaltung aus. Die Organisierung der Frauen bildet innerhalb der Entscheidungsstruktur eine eigenständige, gleichberechtigte Kraft parallel zu der allgemeinen, in welcher sich Menschen jeden Geschlechtes engagieren können. Diese Selbstorganisierung der Frauen in eigenständigen Räten ist Grundpfeiler des Konzeptes des Demokratischen Konföderalismus. Sie sitzen z.B. als Bürgermeisterinnen, Gesundheitsministerinnen oder Richterinnen in allen wichtigen Ämtern und in allen Gremien der Verwaltung.
Wir teilen den Gedanken der Frauenbewegung der Demokratische Föderation Nordsyrien/ Rojava , dass ohne die Befreiung der Frau keine gleichberechtigte Gesellschaft entstehen kann. Die Überwindung des Patriarchats ist auch für unser Ziel. Durch die breite Organisierung auf sozialer, politischer sowie wirtschaftlicher Ebene entsteht ein neues Selbstbewusstsein der Frau als Individuum innerhalb der Gesellschaft. Aus diesen Gründen werden wir diese Frauenbewegung weiterhin unterstützen.

¹Am 17. März 2016 rief eine Versammlung von kurdischen, assyrischen, arabischen und turkmenischen Delegierten die Demokratische Föderation Nordsyrien/ Rojava aus, bestehend aus den Kantonen Efrîn, Kobanê und Cizîrê.

²Da wir an dieser Stelle die Entscheidungsstrukturen des Dem. Kon. wiedergeben verwenden wir nicht die * Schreibweise, welche nach unserer Sicht alle Geschlechtsdefinitionen beinhaltet. In den uns momentan vorliegenden Texten ist von Männern und Frauen die Rede.

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Neueste Beiträge

Zentrum für Naturheilkunde

Seit einigen Monaten wird unser Gesundheitszentrum in Qamişlo vom Gesundheitsrat der Selbstverwaltung als Zentrum für Naturheilkunde und Alternativmedizin betrieben!

Es gab noch keine offizielle Eröffnungszeremonie, doch da der Bedarf sehr hoch ist werden schon Patient*innen behandelt. Aktuell arbeiten 7 Spezialist*innen für Naturheilkunde im Zentrum, 4 Frauen und 3 junge Männer. Sie behandeln diverse gesundheitliche Probleme, zum Beispiel Darmerkrankungen, Diabetes, Hauterkrankungen, Entzündungen, Untergewicht, Übergewicht, hohe Cholesterinwerte, Nierenerkrankungen und verschiedene gynäkologische Leiden wie zum Beispiel Pilzerkrankungen. Die Mitarbeiter*innen des Zentrums sind kurdisch und arabisch und sprechen beide Sprachen. Sie haben zum Teil über 15 Jahre Erfahrung im Bereich Naturmedizin, sowohl in der Praxis als auch im Bildungsbereich und erzielen deutliche gesundheitliche Besserungen bei den Patient*innen.

Die Heilmethoden basieren auf Beratungen und Behandlungen mit Kräutern, Salben, Tees und Ölen. Diese werden vor Ort selbst hergestellt. Direkt neben dem Zentrum wurde ein Heilkräutergarten angelegt (siehe Fotos). Alles wird biologisch angebaut, einige Kräuter werden dazu gekauft. Zukünftig soll ein weiteres Stück Land für den Anbau der Heilpflanzen bestellt werden.

Somit bessert das Zentrum nicht nur die Gesundheit einer von Krieg und Mangel gezeichneten Bevölkerung, es erhält und sammelt auch gesellschaftliches Wissen über Naturmedizin und Ökologie – Wissen, das in der kapitalistischen Moderne vielerorts verlorengeht. Die Weitergabe und Weiterentwicklung dieses gesundheitlichen und ökologischen Wissens stärkt die Selbstverteidigungskraft der Gesellschaft und ihre Beziehung zu Umwelt und Natur.

Solche Naturheilzentren werden aktuell an vielen Orten in Nordostsyrien aufgebaut. Es entsteht ein Netzwerk der Zusammenarbeit zur gegenseitigen Stärkung und Kollektivierung des Wissens um Naturheilkunde bekannter und verfügbarer für viele Menschen zu machen.

Neben dem Frauendorf Jinwar wird das Gesundheitszentrum aktuell der zentrale Ort für Naturheilkunde in Rojava. Wir haben beschlossen, die restlichen Spendengelder dem Zentrum für Naturheilkunde zur Verfügung zu stellen.

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