News

Als überwiegend Handwerker und Handwerkerinnen planen wir seit Sommer 2015 eine kollektiv Baustelle in Rojava, dem nördlichsten Teil Syriens. Mit der Stiftung WJAR (Stiftung der freien Frau in Rojava) möchten wir im Rahmen einer Kollektivbaustelle den Bau eines Hauses für Waisenkinder umsetzen und benötigen dafür eure Unterstützung.

Avahî

Hallo Freundinnen und Freunde, Neugierige & Interessierte

In Syrien tobt seit einigen Jahren ein heftiger Bürgerkrieg. Der forderte und fordert in der Zivilbevölkerung unzählige Opfer, Schätzungen gehen von etwa 400.000 Toten seit Frühjahr 2011 aus. Bereits im Juli 2015 überstieg die Zahl der Flüchtlinge, die das Land verlassen hatten, die Vier-Millionen-Grenze, dazu kamen laut UN-Flüchtlingshilfswerks bereits damals »mindestens 7,6 Millionen« Menschen, die innerhalb Syriens vertrieben worden waren, Wohnhäuser und Infrastruktur wurden zum Teil komplett zerstört. Am Rande dieses Bürgerkrieges gelang es der Bevölkerung in Nordsyrien im Sommer 2012 eine regionale Selbstverwaltung auszurufen: Rojava. Der Name bezeichnet die Region in Nordsyrien mit einem überwiegenden Anteil kurdischer Bevölkerung. Trotzdem prägt eine große Vielfalt von Sprachen und Kulturen den Alltag. Hinzu kommt eine Vielzahl unterschiedlicher Religionen.

Im Zentrum des gesellschaftlichen Experiments in Rojava, das sich „Demokratischer Konföderalismus“ nennt, steht die direkte Selbstorganisierung der Bevölkerung in Kommunen, gemeint sind Nachbarschaftsgemeinschaften (auch Dörfer oder Stadtteile), die sich über gemeinschaftliche Versammlungen um die konkreten Probleme des Lebens kümmern, wie Strom und Wasserversorgung bis hin zu sozialen und juristischen Fragen.
Die Partizipation aller ethnischen und religiösen Gruppen in politischen Entscheidungsfindungen steht im Mittelpunkt, ebenso wie ökologische Nachhaltigkeit und die Gleichberechtigung der Frauen.

Frauen sind es, die letztes Jahr durch die Verteidigung der Region von sich Reden gemacht haben. Der sogenannte IS (bzw. Daesh) hatte im Juli 2015 eine Angriffswelle auf die Nordsyrische Stadt Kobane gestartet. Neben der YPG, kämpften viele Frauen in bewaffneten Einheiten der YPJ, den kurdischen Frauenverteidigungseinheiten, gegen den IS. Im Alltag organisieren sich vielen Orts die Frauen selbst, erheben die Stimme gegen Ungleichbehandlung durch Männer und Institutionen. In Rojava sind in den letzten Jahren bereits Frauenräten, Frauenzentren, Hilfs- und Unterstützungseinrichtungen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, Bildungszentren und Frauenkooperativen entstanden. Doch diese Entwicklung in Rojava wird von vielen Seiten bekämpft. Die Region wird ökonomisch und politisch stark isoliert. An der Grenze im Norden hat die Türkei einen Zaun und Mauern errichtet. Im Nordirak wurde ein befestigter Graben gezogen, Militärstützpunkte werden ausgebaut und im Süden ist Rojava durch den IS vom Rest Syriens getrennt. Das Embargo hat gravierende Folgen für die Bevölkerung. Es fehlt an medizinischer Versorgung für die Bevölkerung. Geräten, Maschinen und Werkzeuge für den Wiederaufbau können nicht importiert werden.

Frauenversammlung

Für uns stellte sich die Frage was wir an Solidarität für die demokratische Selbstverwaltung und das fortschrittliche Gesellschaftsprojekt in Rojava leisten können. Wir wollen die Infrastruktur von Rojava durch den Bau eines gemeinnützigen Gebäudes mit einer Kollektivbaustelle unterstützen. Wir sind Maurer*innen, Zimmerleute, Tischler*innen. Wir sind viel gereist und haben in verschiedenen europäischen Ländern wie Dänemark, Frankreich sowie im deutschsprachigen Raum Erfahrung in der Planung und Umsetzung von Bauvorhaben gesammelt. Dabei haben wir in Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Projekten Kollektivbaustellen mit über 30 Handwerker & Handwerkerinnen geplant und praktisch umgesetzt. Manche von uns kommen aus der Sozialen Arbeit und haben gelernt praktische soziale Probleme zu lösen, zu lindern oder zu verhindern. Andere von uns sind Mediziner*innen und haben sich Wissen über medizinische Hilfe vor Ort, Medikamente, Impfungen angeeignet, können Krankheiten und Verletzungen erkennen und behandeln.

Unsere Kooperationspartnerin, die Stiftung der freien Frau in Rojava (WJAR) will mit ihrer Arbeit Frauen in Syrien und im Nordirak in ihrem Emanzipationsprozess unterstützen. Sie schafft mit ihren Vorschulen eine Bildung für Kinder aller Ethnien in der jeweiligen Muttersprache, mit dem Ziel der Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern, Volksgruppen und Religionen. Sie ermöglicht Frauen einen Zugang zu einer eigenen Ökonomie, indem sie Kooperativen gründet, Arbeit für Frauen in verschiedenen Berufszweigen schafft und Bildungszentren einrichtet. Nicht zuletzt schafft sie für Frauen und Kinder die Möglichkeit, durch Gesundheitszentren, sozialpsychologische Beratung und Aufklärung traumatische Gewalt- und Kriegserfahrungen aufzuarbeiten. Die Stiftung WJAR ist unser Kontakt zur Frauenbewegung in Rojava und Partnerin in der Planung und Umsetzung des Bauprojektes. Unsere Kollektivbaustelle findet im Kontext des jeweils aktuellen Stiftungsprojektes statt. Zurzeit arbeitet die Stiftung an dem Aufbau eines Waisenhauses in Kobane. Wenn die politische Situation um Rojava es zu lässt werden wir mit Freund*innen und Genoss*innen vor Ort diese Baustelle durchführen.

Das Konzept des Waisenhauses umfasst mehrere Bereiche. Darin ist ua. die Ausbildung von Betreuerinnen, Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen enthalten. Es soll ein Patensystem zur lebenslangen Unterstützung von Waisenkindern entwickelt und mit dem Frauenrat aus Rojava dort eine regelmäßige Gesundheitsvorsorge und -versorgung der Kinder gewährleistet werden. Das Bauvolumen umfasst ein Gebäude von 715m². Darin soll Platz für 500 bis 600 Schüler*innen in 15 Seminarräumen und knapp eben so viel Schlafzimmern entstehen. Computer und Gesellschaftsraum sind ebenso eingeplant wie eine öffentliche Park und Gartenanlage mit Spielplatz. Die Kosten werden momentan auf etwa 420.000 € geschätzt. Innerhalb dieses Bauvorhabens möchten wir in einem kleineren Projekt gemeinsam mit Jugendlichen aus Rojava unsere Kollektivbaustelle verwirklichen.

Kollektiv arbeiten heißt für uns Entscheidungen gemeinsam zu treffen, Selbstbestimmtes und Selbstverantwortliches Arbeiten zu lernen. Wir wollen Verantwortung und Aufgaben gleichberechtigt Teilen und uns gemeinschaftlich Wissen aneignen. Wir wollen eine Wissensweitergabe planerischer und handwerkliche Fähigkeiten ebenso organisieren wie den politischen, sozialen und kulturellen Austausch. Für uns spielt dabei Alter, Geschlecht und Herkunft keine Rolle. Mit Jugendlichen aus Rojava wollen wir die Arbeitsabläufe der Baustelle und das alltägliche Zusammenleben umsetzen. Durch gemeinsames Arbeiten und Leben wollen wir die Menschen kennenlernen und unsere Ideen, Pläne und Träume austauschen.

Außerdem geht es uns darum Nachhaltigkeit und Ökologie als zentrales Konzept des Handelns und Wirtschaftens ernst zu nehmen und voranzubringen. Deshalb werden wir dieses Bauvorhaben auch unter ökologischen Gesichtspunkten umsetzen. Bei dem Material, das wir zum Errichten des Gebäudes benötigen legen wir Wert darauf, dass es nach Möglichkeit regional verfügbar oder zumindest über relativ kurze Lieferwege zu beziehen ist. Denn Materialbeschaffung aus der Türkei ist wegen des ausgerufenen Handelsembargos sehr erschwert. Die Grenzen zwischen Irak und Syrien sind starker Kontrollen unterworfen. Somit richtet sich unser Augenmerk auf den regional verfügbaren Baustoff Lehm. In der Region wird seit Jahrtausenden mit Lehm gebaut und wir wollen diese Bauart aufgreifen. Lehm ist vielseitig einsetzbar und kann den Anforderungen als moderner, ökologischer Baustoff sehr wohl nachkommen. Die Verarbeitung und der Transport sind mit wenig Aufwand und Energie verbunden, da er unweit der Baustelle gewonnen werden kann. Lehm alleine macht jedoch noch kein modernes Gebäude und kann in traditioneller Bauweise oft seine Möglichkeiten nicht voll entfalten. Die Kombination zeitgemäßer Techniken und traditioneller Bauart, sowie die Umstände vor Ort, werden die Bauweise letztendlich bestimmen.

Karte vom 2.September

Ihr seht, es geht uns konkret darum, direkt am Aufbau des Waisenhauses mitzuwirken, Gelder zu sammeln um die Umsetzung zu realisieren und somit Solidarität praktisch werden zu lassen. Hier habt ihr nun die Möglichkeit unsere Kollektivbaustelle mit etwas Geld unter die Arme zu greifen. Wir finanzieren unser Projekt komplett über Spendengelder. Für die Umsetzung sind wir auf Unterstützung angewiesen. Wenn ihr also etwas Geld übrig habt, welchen ihr politischen oder sozialen Projekten zukommen lassen wollt freuen wir uns sehr über jede Unterstützung.

Zum Anderen ist eines unser Ziele Öffentlichkeit zur Situation in Nordsyrien zu schaffen. Es braucht massiven politischen Druck und Öffentlichkeit um die Situation im Nahen Osten zu entschärfen, das Embargo aufzulösen und somit die Menschen aus Syrien zu unterstützen. Das bedeutet für uns, sich selbst und Andere zu aktuellen Geschehnissen in Syrien und der Türkei zu informieren, Kampagnen zu organisieren um auf politischer Ebene Veränderungen herbei zu führen und konkrete Projekte mit Spenden zu unterstützen oder selbst zu entwickeln und umzusetzen. Deshalb würden wir uns sehr über die Weiterverbreitung unseres Briefes freuen da es uns auch um das Teilen von Informationen über die Situation in Rojava und der Idee der Demokratischen Autonomie geht.

Avahî – Solidarity Construction Rojava

Spendet an:
Kurdistan Hilfe e.V.
Hamburger Sparkasse
IBAN: DE40200505501049222704
BIC: HASPDEHHXXX
Stichwort: construction